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Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer

EINLEITUNG

Erbschaftsteuerrecht in seiner derzeitigen Ausgestaltung verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem am 31. Januar 2007 veröffentlichten Beschluss vom 7. November 2006 die derzeitige Ausgestaltung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen.

Es verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass Grundvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften nach derzeitiger Rechtslage nicht annähernd mit dem Verkehrswert erfasst werden. Dies gilt vor allem bei der derzeitigen Grundstücksbewertung, da Faktoren wie die Lage des Grundstücks und die Art der Bebauung bei der Wertermittlung stärker zu berücksichtigen sind. Beim Betriebsvermögen verhindere der weitgehende Ansatz der Steuerbilanzwerte eine realitätsgerechte Bewertung.

Das Bundesverfassungsgericht betont aber, dass der Gesetzgeber bei den sich an die Bewertung anschließenden Schritten einen weitgehenden Spielraum für steuerliche Verschonungsregelungen habe.

Der Gesetzgeber ist nunmehr gefordert, die Bewertung der zu einer Erbschaft oder Schenkung gehörenden wirtschaftlichen Einheiten und Wirtschaftsgüter an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts anzupassen. Hierfür hat ihm das Gericht eine Frist bis zum 31. Dezember 2008 eingeräumt. Bis zur Neuregelung ist das bisherige Recht weiter anwendbar.

Der Erbschaftsteuer beziehungsweise der Schenkungsteuer unterliegen insbesondere:

  • der Erwerb von Todes wegen
    • der Erwerb durch Erbanfall aufgrund gesetzlicher, testamentarischer oder erbvertraglicher Erbfolge
    • der Erwerb durch Vermächtnis
    • der Erwerb aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs
    • der Erwerb eines Vermögensvorteils aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages (z.B. Lebensversicherung)
  • die Schenkung unter Lebenden
    Als Schenkung gilt jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Empfänger durch die Zuwendung auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
  • Zweckzuwendungen
    Dazu zählt die Zuwendung von Vermögensmassen, die der Erwerber nur zweckgebunden verwenden darf.
  • Stiftungsvermögen
    Sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist, fällt in Zeitabständen von 30 Jahren Ersatzerbschaftsteuer an.
  • Vereinsvermögen
    Wenn der Zweck des Vereins wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, fällt ebenfalls in Zeitabständen von 30 Jahren Ersatzerbschaftsteuer an.

Es wird zwischen unbeschränkter Steuerpflicht und beschränkter Steuerpflicht unterschieden:

  • Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich grundsätzlich auf das gesamte, auch im Ausland befindliche Vermögen des Erblassers. Sie tritt ein, wenn der Erblasser oder der Erwerber (bei der Schenkungsteuer der Zuwendende oder der Empfänger der Zuwendung) zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer war.

    Als Inländer gelten insbesondere:
    • Natürliche Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Auf die Staatsangehörigkeit kommt es nicht an.
    • Deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre vor dem Erbfall dauernd im Ausland aufgehalten haben.


  • Waren weder der Erblasser noch der Erwerber Inländer, tritt beschränkte Steuerpflicht ein. Sie erstreckt sich nur auf das Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des Bewertungsgesetzes. Dazu zählen insbesondere das in der Bundesrepublik Deutschland befindliche land- und forstwirtschaftliche Vermögen, Grundvermögen, Betriebsvermögen sowie Anteile (mindestens 10 Prozent) an inländischen Kapitalgesellschaften.

Berechnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Die Steuer wird nach einem Vomhundertsatz von dem Wert des Erwerbs abzüglich der unten genannten Freibeträge berechnet. Jedem Erwerber steht ein persönlicher Freibetrag zu, dessen Höhe sich nach der jeweiligen Steuerklasse richtet. Der Steuersatz bestimmt sich dabei zum einen nach der Höhe des Werts des steuerpflichtigen Erwerbs und zum anderen nach dem Verwandtschaftsverhältnis des Erwerbers zum Erblasser beziehungsweise Schenker. Je näher der Erwerber mit dem Erblasser oder Schenker verwandt ist, desto niedriger ist die Erbschaft- oder Schenkungsteuer. Für die Höhe der Steuer ist es entscheidend, zu welcher der drei Steuerklassen der Erwerber gehört. Die Steuersätze bilden einen Stufentarif. Der Steuersatz der erreichten Wertstufe gilt für den gesamten steuerpflichtigen Erwerb.

Zusätzlich haben bei Erwerben von Todes wegen der überlebende Ehegatte einen Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro und Kinder bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres einen Versorgungsfreibetrag von 52.000 Euro bis 10.300 Euro. Diese Versorgungsfreibeträge werden gekürzt, wenn der Erwerber bestimmte Versorgungsbezüge erhält (z.B. Witwenrente, Waisenrente).

Tabelle über die Steuerklassen und Freibeträge

Steuer-klasse

Personenkreis

Freibetrag in Euro

Versorgungsfreibetrag in Euro
- lediglich bei Erwerben von Todes wegen -

I

Ehegatte

307.000

256.000



Kinder und Stiefkinder

205.000

bis 5 Jahre

52.000

mehr als 5 bis 10 Jahre

41.000

mehr als 10 bis 15 Jahre

30.700

mehr als 15 bis 20 Jahre

20.500

mehr als 20 bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres

10.300

Kinder verstorbener Kinder und Stiefkinder

205.000

 

Enkelkinder
Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen

51.200

 

II

Eltern und Voreltern bei Schenkungen
Geschwister
Abkömmlinge 1. Grades von Geschwistern
Stiefeltern
Schwiegereltern
Schwiegerkinder
geschiedene Ehegatten

10.300

 

III

alle übrigen Erwerber

5.200

 


Tabelle über die Steuersätze:

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis einschließlich Euro

Prozentsatz in der Steuerklasse

I

II

III

52.000

7

12

17

256.000

11

17

23

512.000

15

22

29

5.113.000

19

27

35

12.783.000

23

32

41

25.565.000

27

37

47

über 25.565.000

30

40

50

Mit welchem Wert wird Grundvermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer angesetzt?

Bei Grundstücken wird grundsätzlich nur zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken unterschieden.

  1. Unbebaute Grundstücke (§ 145 Bewertungsgesetz)
    Bei Grundstücken wir grundsätzlich nur zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken unterschieden.

    Unbebaute Grundstücke sind Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden. Die Benutzbarkeit beginnt im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Befinden sich auf dem Grundstück Gebäude, die keiner oder nur einer unbedeutenden Nutzung zugeführt werden können, gilt das Grundstück ebenfalls als unbebaut.

    Die Ermittlung des Werts unbebauter Grundstücke erfolgt nach der Formel:

    Fläche x Bodenrichtwert in Euro/m² – 20 Prozent Abschlag = Grundbesitzwert

    Die Bodenrichtwerte werden von den Gutachterausschüssen der Kommunen nach den Vorschriften des Baugesetzbuches ermittelt und den Finanzämtern mitgeteilt.

    Öffnungsklausel
    Kann der Steuerpflichtige gegenüber dem Finanzamt nachweisen, dass der gemeine Wert des unbebauten Grundstücks im Besteuerungszeitpunkt niedriger ist als der im Bewertungsverfahren ermittelte Grundstückswert, ist der nachgewiesene gemeine Wert, allerdings ohne Ermäßigung um 20 Prozent, als steuerlicher Grundstückswert festzustellen (§ 138 Abs. 4 Bewertungsgesetz). Der Nachweis kann in der Regel durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erbracht werden. Auch ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr kurz vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommener Kaufpreis kann unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse vom Besteuerungszeitpunkt als Nachweis dienen. Eine Glaubhaftmachung reicht dagegen nicht aus.

  2. Bebaute Grundstücke (§ 146 Bewertungsgesetz)
    Bebaute Grundstücke werden grundsätzlich in einem sogenannten Ertragswertverfahren bewertet.

    Die Ermittlung des Werts bebauter Grundstücke erfolgt nach der Formel:

    Jahresmiete x 12,5 – Wertminderung wegen Alters = Grundbesitzwert

    Die Jahresmiete ist das Gesamtentgelt, das die Mieter oder Pächter für die Nutzung des bebauten Grundstücks aufgrund vertraglicher Vereinbarungen für einen Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen haben. Entscheidend ist die im Besteuerungszeitpunkt vereinbarte Jahresmiete. Auf die tatsächlich gezahlte Miete kommt es nicht an. Betriebskosten gehören nicht zur Jahresmiete (z.B. Heizung, Wasser, Aufzug, Hausmeister). Zugrunde gelegt wird also die Nettokaltmiete.

    Statt der im Besteuerungszeitpunkt vereinbarten Jahresmiete ist die "übliche Miete" anzusetzen, wenn ein bebautes Grundstück oder ein Teil hiervon
    • eigengenutzt,
    • ungenutzt,
    • zu vorübergehendem Gebrauch oder
    • unentgeltlich überlassen ist,
    • der Eigentümer dem Mieter zu einer um mehr als 20 Prozent von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat.

    Die übliche Miete ist die Nettokaltmiete, die für nach Art, Lage, Größe, Ausstattung und Alter vergleichbare, nicht preisgebundene Grundstücke von fremden Mietern bezahlt wird. Betriebskosten sind nicht einzubeziehen, ebenso bleiben ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse außer Betracht.

    Das Alter der Gebäude ist wertmindernd zu berücksichtigen. Die Wertminderung beträgt 0,5 Prozent für jedes Jahr, das seit Bezugsfertigkeit des Gebäudes bis zum Besteuerungszeitpunkt vollendet worden ist, höchstens jedoch insgesamt 25 Prozent. Grundstücke, die ausschließlich Wohnzwecken dienen und nicht mehr als zwei Wohnungen enthalten (z.B. Ein- und Zweifamilienhäuser), werden mit einem Zuschlag von 20 Prozent bewertet.

    Mindestwert
    Bei bestimmten Sachverhaltskonstellationen kann der steuerliche Grundstückswert eines bebauten Grundstücks, gemessen an seinem wirklichen Wert, wegen der typisierenden Wertermittlung sehr gering ausfallen. Der Gesetzgeber hat – um insoweit sachwidrige Ergebnisse zu vermeiden – eine Untergrenze vorgesehen: Der ermittelte Grundstückswert darf nicht geringer sein als der Wert, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück anzusetzen wäre (§ 146 Abs. 6 Bewertungsgesetz).

    Öffnungsklausel
    Wegen der typisierenden Bewertung kann es in Einzelfällen vorkommen, dass der ermittelte Wert höher ist als der tatsächliche Grundstückswert. Damit die vereinfachte Grundstückbewertung nicht zu einer Überbesteuerung führt, kann der Steuerpflichtige gegenüber dem Finanzamt nachweisen, dass der gemeine Wert des bebauten Grundstücks niedriger ist als der im typisierenden Bewertungsverfahren ermittelte Grundstückswert ist (§ 138 Abs. 4 Bewertungsgesetz). Dies gilt auch, wenn der Mindestwert anzusetzen wäre. Der Nachweis kann in der Regel durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erbracht werden. Auch ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr kurz vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommener Kaufpreis kann unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse vom Besteuerungszeitpunkt als Nachweis dienen. Eine Glaubhaftmachung reicht dagegen nicht aus.

    Besondere Bewertungsvorschriften gelten für bebaute Grundstücke, für die sich eine übliche Miete nicht ermitteln lässt, wie z.B. bei Produktionsgebäuden (§ 147 BewG), für Grundstücke, die mit einem Erbbaurecht belastet sind, und für Erbbaurechte (§ 148 Bewertungsgesetz), für Gebäude auf fremden Grund und Boden (§ 148 a Bewertungsgesetz) sowie für Gebäude im Zustand der Bebauung (§ 149 Bewertungsgesetz).

    Die Grundbesitzwerte werden auf volle 500 Euro nach unten abgerundet (§ 139 Bewertungsgesetz).

ZUSTAENDIG

In Baden-Württemberg ist die Zuständigkeit für die Verwaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer bestimmten Finanzämtern zentral übertragen worden und richtet sich in der Regel nach dem Wohnsitzfinanzamt des Erblassers oder Schenkers.

VORAUSSETZUNG

Die Erbschaftsteuer entsteht grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers.

Die Schenkungsteuer entsteht zu dem Zeitpunkt, in dem die Schenkung ausgeführt ist. Das ist dann der Fall, wenn der Beschenkte das erhalten hat, was ihm nach dem Willen des Schenkers verschafft werden sollte und er frei darüber verfügen kann.

Für die Steuerermittlung sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Steuerentstehung maßgebend (Bewertungsstichtag).

ABLAUF

Jeder der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterliegende Erwerb ist vom Erwerber (bei Schenkungen auch vom Schenker) innerhalb von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Vermögensanfall dem für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen.

Eine Anzeige ist nicht erforderlich, wenn der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht, einem deutschen Notar oder einem deutschen Konsul eröffneten Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) beruht und sich aus der Verfügung von Todes wegen das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft ergibt. Weiterhin kann die Anzeige bei einer Schenkung unterbleiben, wenn diese Schenkung gerichtlich oder notariell beurkundet wurde.

Das zuständige Finanzamt wird gegebenenfalls von den Beteiligten eine Erbschaftsteuererklärung oder Schenkungsteuererklärung anfordern.

UNTERLAGEN

Der Erwerb wird dem für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt am zweckmäßigsten mit einem formlosen Schreiben mitgeteilt, es sei denn, eine Anzeige ist nicht erforderlich. Sie können auch bei dem für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt einen Erklärungsvordruck anfordern.

FRIST

Die Anzeige muss innerhalb von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Vermögensanfall erfolgen.

KOSTEN

Es entstehen bei der Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer keine besonderen Gebühren oder sonstige Kosten.

RECHTSGRUNDLAGE

Rechtsgrundlage für die Erhebung der Erbschaft-/Schenkungsteuer ist das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl I S. 378, BStBl. I S. 298) unter Berücksichtigung späterer Änderungen.